Google Chef: „Adwords ist wie ein Briefkasten!“

In einem Interview im Tagi macht Google Schweiz Chef Andreas Schönenberger u.a. folgende Aussagen (vereinfacht):

  • Unsere Form der Werbung (Adwords) ist wie ein Briefkasten, auf dem man seine aktuellen Interessen hinterlegen kann
  • Bezüglich der Aussage des Interviewers, dass eine Adwords-Anzeige (z.B. eines KMU) nicht gegen jene einer starken Marke ankommt: „Ich glaube, das hängt stark von der Werbebotschaft ab.“
  • Dass das Internet in Deutschland viel stärker als Werbemedium genutzt wird als hierzulande, hängt wohl von den Agenturen in der Schweiz ab.

Um ein vollständiges Bild zu erhalten empfiehlt es sich, das Interview zu lesen. Zwecks Archivierung gebe ich es hier wieder:

Wer ist schuld daran, dass die Online-Werbung in der Schweiz nicht vom Fleck kommt? Die Werbeagenturen, sagt Andreas Schönenberger, der Chef von Google Schweiz.

Herr Schönenberger, welchen Einfluss hat die Finanzkrise auf Google?

In einer Rezession – und ich denke, darin befinden wir uns im Moment – suchen die Menschen vermehrt im Internet nach Informationen und Sparmöglichkeiten. Und dabei nutzen sie die Suchmaschinen stärker – unter anderem auch uns. Das zeigen unsere Statistiken.

Damit verdienen Sie aber noch kein Geld.

Stimmt. Aber wenn sich mehr Leute im Internet tummeln, dann können die Firmen dort potenziell mehr Menschen mit ihrer Werbung erreichen. Das macht das Internet als Werbekanal attraktiver.

Was kostet Werbung bei Google?

Das bestimmen die Firmen selbst. Sie legen fest, bei welchen Suchbegriffen ihre Werbung eingeblendet werden soll. Als Blumengeschäft erscheint man etwa, sobald jemand nach dem Wort «Blumen» sucht. Das besondere ist, dass die Firmen erst dafür bezahlen, wenn jemand ihre Werbung anklickt.

Und wer entscheidet, welche Werbung zuoberst steht?

Es gibt zwei Faktoren: zum einen wie viel eine Firma pro Klick bietet. Zum anderen wie hoch die Qualität der Werbung und der Website dahinter ist.

Ist das in der Krise eine Chance?

Ja. Wir sind überzeugt, dass die Finanzkrise die Verlagerung der Werbegelder ins Internet beschleunigen wird. Bei uns ist alles messbar: Was habe ich bezahlt und was hat das Geld gebracht? Das ist vor allem in schwierigen Zeiten wichtig für die Leute vom Marketing und vom Verkauf. Sie können genau sagen, wie viel sie ausgeben mussten, um einen Verkauf zu generieren – und ob sich das gelohnt hat. Diese Transparenz ist einmalig. Ausserdem spricht man nur Kunden an, die tatsächlich am Produkt interessiert sind.

Profitiert Google Schweiz von der Krise?

Wir spüren aus Gesprächen mit Unternehmen, dass diese sich verstärkt mit Online-Werbung auseinandersetzen.

Schlägt sich das bereits in einem stärkeren Wachstum nieder?

Wir wachsen grundsätzlich. Das hat auch damit zu tun, dass die Schweiz als Land einen unheimlichen Nachholbedarf im Online-Marketing hat.

Noch einmal: Schlägt sich die Finanzkrise heute positiv in Googles Umsätzen nieder?

Das ist sicher etwas, was man erwarten kann. Aber wir geben keine Zahlen für die Schweiz bekannt.

Peter Felser, Chef der Werbeagentur Spillmann/Felser/Leo Burnett, hat einmal gesagt, dass Suchmaschinenmarketing gar keine Werbung sei. Vielmehr müsse man das mit einem Eintrag im Branchenbuch vergleichen oder mit der Gebühr, die man Coop und Migros für den Platz im Regal zahle. Was sagen Sie dazu?

Ich teile Herrn Felsers Auffassung nicht. Schliesslich ermöglichen wir es den Unternehmen, präsent zu sein, wenn der Kunde nach etwas Bestimmtem sucht. Das ist sehr wohl Werbung.

Das macht das Branchenbuch auch.

Absolut. Unsere Form der Werbung kann allerdings mehr. Sie ist wie ein Briefkasten, auf dem man seine aktuellen Interessen hinterlegen kann. Etwa: «Heute bitte nur Werbung zu LCD-Fernsehern.» Übers Internet wirbt man nur bei Menschen, die sich auch dafür interessieren.

Allerdings ist eine Firma mit ihrer Werbung nie alleine. Beim Stichwort «Blumen» erscheinen über zehn Inserate.

Ja, das ist so. Die Unternehmen müssen sich durch ihre Werbebotschaft voneinander abgrenzen. Ein Unternehmen schreibt vielleicht: «Der perfekte Strauss für ihre Frau.» Das andere: «Günstige Blumen zum Verschenken.» Welches Inserat jemand nun anklickt, ist stark von den persönlichen Vorlieben abhängig.

Es gibt aber auch Dinge, die Google nicht leisten kann. Etwa Markenpflege.

Es gibt Studien, die zeigen, dass eine Marke, die über eine Suchmaschine wirbt, im Kopf der Kunden hängen bleibt. Allein durch die Präsenz erhält man also einen Branding-Effekt.

Trotzdem: Wenn jemand die Wahl hat zwischen Nouvelle Fleur aus Regensdorf und Fleurop, um Blumen zu verschicken, wird er die bekannte Marke wählen.

Ich glaube, das hängt stark von der Werbebotschaft ab.

Wie erklären Sie die Unterschiede zwischen der Schweiz und etwa Deutschland, wo das Internet bereits viel stärker als Werbemedium genutzt wird?

Zum einen wird das Thema von den Schweizer Firmen nicht forciert. Zum anderen gibt es hier zu Lande noch zu wenig Werbeagenturen, die mit der Google-Plattform Adwords umgehen können.

Können die Agenturen nicht oder wollen sie nicht via Adwords werben?

Das hängt wohl von der Agentur ab.

Hat Adwords denn auch Vorteile für die Agenturen?

Die Online- und die Offline-Welt sind stark miteinander verlinkt. Schauen Sie sich die Lancierung von Rivella gelb an. Das Getränk wurde primär in der Offline-Welt gelauncht. Es hat aber auch im Internet Wellen geschlagen: Kurz nach dem Start wurde extrem oft nach Rivella und Rivella gelb gesucht.

Das überrascht allerdings nicht.

Nein. Aber wenn man es mit teurer traditioneller Werbung schafft, die Leute für ein Produkt zu interessieren, und diese bei Google danach suchen, wäre es doch toll, wenn man sie im Internet abholen könnte.

Das hat Rivella ja gemacht – allerdings ohne Google-Inserat. Die Agentur hat einfach eine eigene Produkte-Website geschaffen. Diese erscheint bei der normalen Suche als einer der ersten Treffer.

Das ist aber nicht immer der Fall. Ausserdem kann man nur via Adwords gezielt eine Werbebotschaft platzieren.

Da sehe ich den Vorteil jetzt nicht ganz.

Stellen Sie sich einen Reiseveranstalter vor, der gerade ein Sonderangebot für eine Reise nach Mallorca am Laufen hat. Der Veranstalter erscheint bei einer Suche nach Ferien und Mallorca zwar auf der ersten Seite. Nur über Adwords kann er die Kunden aber gezielt auf das Sonderangebot aufmerksam machen.

Wollen Sie sagen, dass Online-Werbung ohne Google Adwords nicht funktioniert?

Adwords ist eine gute Plattform, um Leute abzuholen, die sich in der Online-Welt zu gewissen Themen informieren.

Die Finanzkrise hat auch negative Folgen für Google. Das Unternehmen entlässt weltweit temporäre Mitarbeitende. Wie viele Leute sind in Zürich betroffen?

Weltweit sind wir seit einem Jahr daran, die Zahl der temporären Mitarbeiter zu reduzieren, was wir erreichen, indem wir auslaufende Temporärverträge zum Teil nicht mehr erneuern. Das hat also nicht direkt mit der Finanzkrise zu tun.

Trotzdem: Wie viele Temporäre sind in Zürich betroffen?

Unter dem Strich ist die Zahl der Mitarbeitenden in Zürich auch 2008 gewachsen. Detailzahlen zu den temporären Mitarbeitern kommunizieren wir aber nicht.

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